Die Frau im grünen Mantel by Rottloff Andrea

Die Frau im grünen Mantel by Rottloff Andrea

Autor:Rottloff, Andrea [Rottloff, Andrea]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Zabern, Philipp von
veröffentlicht: 2015-11-23T16:00:00+00:00


„Das ist sehr schön!“, erwiderte Margret. „Schöner als aller von Menschen gemachter Schmuck.“ Sie schmiegte sich nun eng an Jonas’ Schulter, gemeinsam saßen sie noch eine Weile auf der Mauer und ließen die Ereignisse des Tages an ihrem geistigen Auge vorüberziehen.

***

Victor war froh, den penetranten Fragen des Medicus endlich entkommen zu sein, und streckte sich neben seinem Pferd im hinteren Bereich des Stalles aus, von wo aus er zwar die Vorgänge im Hof beobachten konnte, aber von dort aufgrund der Dunkelheit nicht zu sehen war. Was für eine Frechheit von diesem Jonas, ihn zum Schachspielen herauszufordern – er musste gewusst haben, dass der Orden dieses Spiel verbot. Er wusste überhaupt verdammt viel über die Templer und konnte ihm noch gefährlich werden. Vielleicht sollte er ihn einfach umbringen … doch er würde sie nicht alle umbringen können, es waren eindeutig zu viele. Auch diese Steinmetzen und die Knechte sahen gut bei Kräften aus ...

Nein, hier hatte Victor nichts mehr zu erwarten, und zudem hatte dieser Jonas angedeutet, dass er etwas über den Mord an dem Alten herausgefunden hatte – ganz so als würde er ihn, Victor, verdächtigten. Damit hatte er auf keinen Fall gerechnet. Er musste sich bei Morgengrauen möglichst unauffällig aus dem Staube machen und seinen Kumpanen nach Akko folgen. Allerdings war da noch dieses junge Mädchen, diese Marjam, die ihn zutiefst verunsicherte. Was wäre es für ein persönlicher Triumph, wenn er sie dazu bringen könnte, mit ihm zu gehen und in Akko gegen Saladin und die Sarazenen zu kämpfen! Er hatte sie schließlich schon mit wenigen Worten, durch seine Schilderung der den Sarazenen angeborenen Brutalität, in ihrem Glauben erschüttern können. Das müsste sich doch weiter fortsetzen lassen? Sein krankhafter Geist begann, Purzelbäume zu schlagen. Wie nur konnte er sie dazu bringen, ihm zu glauben und nicht diesem albernen Medicus? Sicher nicht im Beisein der anderen, denn dieser Jonas würde ihm schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Wenn er es aber schaffen würde, sie zu überzeugen, wäre das ein schlagender Beweis für die Rechtmäßigkeit seiner gottgewollten Mission. Und da war auch noch etwas anderes. Genau genommen irritierte dieses Mädchen ihn mehr als ihm lieb war, wie er an der prompten Reaktion seiner Männlichkeit feststellen konnte. Er dachte daran, wie es wohl wäre, sie zu besitzen, wenn sie nur ihm gehören würde und nicht diesem farblosen Steinmetzburschen ...

Er war gerade dabei, sich in diesen Gedanken zu verlieren, und seine Hand wollte schon wie beiläufig unter seine Tunika wandern, als das Subjekt seiner Begierde, gehüllt in einen blauen, mit goldenen Sternen bestickten Mantel, aus dem Haus trat. Der Junge war bei ihr, und gemeinsam gingen sie am Garten vorbei, bis Victor sie in der Dunkelheit nicht mehr erkennen konnte. Bald darauf kam Marjam allein denselben Weg zurück und schickte sich an, ins Haus zu gehen.

Wie rührend, dachte Victor voller Bosheit, die jungen Liebenden wollten wohl bis nach der Hochzeit warten, bis sie sich zusammenlegen! Nicht, wenn er vorher Gelegenheit haben würde ...

Da zögerte das Mädchen und blickte zum Stall, so als spürte sie, dass Victor jede ihrer Bewegungen genau beobachtete.



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